Analoges Graphic Recording - live zeichnen am Papier

Analoges Graphic Recording - live zeichnen am Papier

Analoges Graphic Recording hält Inhalte in Echtzeit mit Stift und Papier in Wort und Bild fest. Man kann sich das wie eine Simultanübersetzung vorstellen. Mit dem Unterschied, dass das Gesagte nicht in eine andere Sprache, sondern in ein Bild übersetzt wird.

Was ist (analoges) Graphic Recording?

Werden Inhalte präsentiert, besprochen oder erarbeitet, können diese mit Graphic Recording visuell dokumentiert werden. Das bedeutet, dass das Gesagte (und Gezeigte) in Echtzeit in Bilder übersetzt wird, die mit kurzen Texten ergänzt werden. So entsteht ein Protokoll, das nicht nur Teilnehmer:innen das Verstehen und Konzentrieren währende der Veranstaltung erleichtert, sondern das auch über das Event hinaus genutzt werden kann, um die Inhalte zu kommunizieren.

Dabei können viele verschiedene Formate begleitet werden: Seminar, Workshop, Keynote Vortrag, Podiums-Diskussion, Strategie-Meeting, Präsentation, Gruppen-Arbeiten, Preisverleihung, Ergebnis-Präsentation, Produkt-Vorstellung,… um nur ein paar zu nennen.

Graphic Recording Formate - analoges Graphic Recording im Fokus

Man kann drei Formate unterscheiden:

  • Analoges Graphic Recording
    Inhalte von Meetings, Workshops, Panel-Diskussionen oder Präsentationen werden live vor Ort und in Echtzeit mit Stift und Papier festgehalten (darum soll es in diesem Blogbeitrag gehen)
  • Digitales Graphic Recording
    Inhalte von Veranstaltungen werden live vor Ort und in Echtzeit mit einem Grafik-Tablet festgehalten (hier mehr dazu)
  • Remote Graphic Recording
    Inhalte von Webinaren, digitalen Meetings oder online Events werden in Echtzeit mit einem Grafik-Tablet festgehalten und digital übertragen.

Wie groß sollte das analoge Graphic Recording sein?

Wenn man auf Papier mitzeichnet, stellt sich relativ schnell die Frage wie groß das Blatt denn sein soll auf dem die Inhalte festgehalten werden. Will man ein Gesamtbild (Big Picture) oder viele Einzelbilder? Die richtige Antwort lautet: “Das hängt davon ab.” Hier ein paar Anhaltspunkte, welche Gedanken man sich machen sollte, um die richtige Wahl zu treffen:

Wie groß ist der Raum?

Je größer der Raum ist, desto größer sollte auch das Blatt sein, damit die Teilnehmer:innen das Gezeichnete gut sehen können. Bei besonders großen Hallen, sollte das Bild wenn möglich zusätzlich per Beamer auf eine Leinwand übertragen werden, damit auch in den letzten Reihen noch alles gut lesbar ist.

Kleine Räume hingegen bieten oft nicht den Platz für eine große Zeichenfläche. Hier wird die Wahl unter Umständen davon beeinflusst, was platztechnisch überhaupt machbar ist.

Wie sollen die Bilder nach der Veranstaltung genutzt werden?

Ob ein großes oder mehrere kleine Bilder mehr Sinn machen, lässt sich oft auch anhand der späteren Nutzung entscheiden. Hier ein paar Anwendungsbeispiele:

  • Wenn es mehrere Vortragende gibt, und diese am Ende jeweils ein eigenes Graphic Recording überreicht bekommen sollen, macht es Sinn mehrere Einzelbilder zu zeichnen. Ich gestalte in solchen Fällen pro Vortrag ein eigenes Graphic Recording in Flipchart-größe und fotografiere diese ab, bevor Sie an die Vortragenden überreicht werden, damit die Veranstalter:innen eine digitale Kopie der Bilder haben.
  • Sollen die Bilder für Social Media genutzt werden? Dann ist es oft hilfreich mehrere quadratische Bilder zu zeichnen, die man gut in die verschiedenen Plattformen einpflegen kann. Die einzelnen Quadrate können dabei von A3 bis zu Pinnwand-Größe reichen.
  • Möchte man das Bild am Ende als ein Gesamtwerk aufhängen, ist es am Besten alles auf einem Blatt zu zeichnen. Dieses Big Picture wird in der Regel im Format 1,5 x 3 Meter angefertigt.

Wie lang ist die Veranstaltung?

Bei der Planung der Größe sollte man auch immer eine realistische Vorstellung davon haben was in der verfügbaren Zeit machbar ist. Das hängt stark vom Zeichentempo des:der Graphic Recorder:in ab aber auch davon wie dicht die Inhalte sind und ob bzw. wie viel vorbereitet wird.

Welche Fragen sollte man vor einem Graphic Recording stellen?

Bei der Gestaltung des analogen Graphic Recordings ist es besonders wichtig, dass man sich im Vorheinein gut überlegt, welche Inhalte eingebunden werden sollen, denn das analoge Format erlaubt keine nachträgichen Änderungen. Folgende Punkte zu Inhalt und Gestaltung sollte der:die Graphic Recorder:in daher unbedingt vor der Veranstaltung mit dem:der Organisator:in duchgehen:

  • Corporate Design
    Gibt es Firmen-Farben oder eigens für die Veranstaltung festgelegte Farbcodes, die sich im Graphic Recording wiederfinden sollen? Gibt es eine Schriftart an die sich der Text im Graphic Recording anlehnen soll (Schrift in Serifen, Sans oder Script)? Gibt es im Unternehmen eine bereits etablierte Bildsprache auf die beim Graphic Recording Rücksicht zu nehmen ist?
  • Logos
    Soll das Firmenlogo im Graphic Recording vorkommen? Gibt es weitere Logos (von Partner:innen, Sponsor:innen, usw.), die vorkommen sollen?
  • Portraits und Namen
    Gibt es Personen (Vortragende, Team-Mitglieder, Expert:innen,…), die namentlich genannt werden sollen oder soll der Fokus auf den Inhalten liegen (keine Namen)? Sollen einzelne Personen im Graphic Recording portraitiert werden?
  • Titel der Veranstaltung, Ort und Datum
    Sollen Titel, Ort und oder Datum im Bild vorkommen?

Welches Material verwendet man beim analogen Graphic Recording?

Für ein analoges Graphic Recording braucht man eigentlich “nur” Stift und Papier. Für ein gutes Ergebnis sollte man bei der Auswahl allerdings auf folgende Kriterien achten:

Das Papier

Ich empfehle mindestens 120g/m2. Wenn möglich, greife ich sogar zu 200g/m2. Warum? Festeres Papier schaut nicht nur hochwertiger aus (was ein wichtiger Faktor sein kann, wenn das Bild nach der Veranstaltung an Vortragende oder Organisator:innen übergeben wird), sondern sorgt auch dafür, dass die Farbe sich nicht so leicht durchdrückt (und schont damit den Untergrund). Außerdem bekommt dickeres Papier weniger schnell Falten und zerknittert beim auf- und abhängen nicht so leicht. Dadurch bleibt das Bild länger gut erhalten und kann nach dem Event noch lange als Arbeits- und Diskussionsgrundlage oder auch als Erinnerung an die besprochenen Inhalte dienen.

Meine Wahl: Fabriano Accademia Zeichenpapierrolle - 1,50m x 10,0m

Die Stifte

Bei der Auswahl der Stifte sollte man darauf achten, dass diese nicht “bluten” - also sich durch das Papier durchdrücken. Vor allem, wenn das Papier an der Wand befestigt wird ist das sehr wichtig, da man zwar einen bleibenden Eindruck hinterlassen will aber gleichzeitig auch saubere Wände.

Wenn man mit Farbe arbeitet, ist es wichtig, dass die Stifte mit denen man die schreibt und zeichnet nicht verschmieren, wenn man Flächen ausmalen will. Das Dampfen bezieht sich auf die Flüssigkeit, die in den Stiften ist. Viele Flipchart-Stifte haben Farbe, deren chemische Zusammensetzung dafür sorgt, dass sie während man zeichnet verdampfen. Das riecht nicht nur streng, sondern ist auch gesundheitsgefährdend, wenn man viel Zeit mit dem Zeichnen verbringt. Daher unbedingt auf die Zusammensetzung der Farbe achten.

Meine Wahl: Neuland Flipchart-Stifte No.One Outliner Rundspitze, No.One Art Outliner Pinselspitze und FineOne Outliner Rundspitze

Der Zeichenuntergrund

Das Papier kann entweder mit Kreppband an einer Wand fixiert oder auf einer eigenen Zeichenwand im Raum platziert werden. Die Wand sollte glatt (keine Rillen, Struktur-Tapete oder Löcher) und eben sein, damit das Zeichnen auf ihr möglich ist. Wird eine Zeichenwand verwendet, hat das den Vorteil, dass das Bild nicht nur am Rand des Raumes sondern auch im Raum platziert werden kann. Wichtig dabei ist, dass diese mobile Zeichenwand stabil ist und beim Zeichnen nicht wegrutscht.

Wo positioniert man das analoge Graphic Recording im Raum?

Um die Inhalte gut dokumentieren zu können sollte der:die Graphic Recorder:in in hör- und sichtweite der Bühne sein. Außerdem sollte das Bild während dem Zeichnen für die Teilnehmer:innen gut zu sehen sein. In der Regel folgt aus diesen beiden Anforderungen, dass das Graphic Recording entweder direkt neben der Bühne oder auf der Bühne gut aufgehoben ist.

Welches Equipment sollte für das analoge Graphic Recording vor Ort zur Verfügung gestellt werden?

Stifte und Papier nimmt der:die Graphic Recorder:in selbst mit. Was es sonst noch braucht?

  • Stehtisch
    ein Stehtisch neben dem Graphic Recording als Ablagefläsche für Stifte und sonstiges Material
  • Hocker oder Sessel
    die unteren Teile des Bildes lassen sich im sitzen besser zeichnen. Am besten gibt es vor Ort dafür einen Hocker (oder Sessel ohne Armlehnen) für den:die Graphic Recorder:in.
  • Wasser
    ein Krug mit Wasser und ein Glas sind immer sehr willkommen. Zwar gibt es meistens bei größeren Veranstaltungen ein Buffet für die Teilnehmer:innen - am Wasserkrug für den:die Graphic Recorder:in sollte dennoch nicht gespart werden.
  • Kamera
    falls gewünscht, kann das Bild mit Kamera auf die Bühne übertragen werden. Dazu braucht es eine Kamera, die das Graphic Recording als Ganzes gut im Blick hat oder eine:n eigene:n Kamerafrau:mann.

Welche Vorteile hat ein analoges Graphic Recording?

Zugegeben, mittlerweile finden fast alle Graphic Recordings digital statt (siehe hier). Und auch, wenn das digitale Zeichnen viele Vorteile bringt, so gibt es doch nach wie vor auch Argumente für das klassische Zeichnen mit Stift und Papier:

Kein Strombedarf

Für das Zeichnen am iPad ist immer auch ein Stromanschluss notwendig. Ganz zu schweigen vom Beamer. Papier und Stift kommen ganz ohne Technik aus. Für Veranstaltungen, die zum Beispiel in der freien Natur stattfinden oder die aus ökologischen Gründen ganz auf Strom verzichten wollen, kann das ein wichtiger Faktor sein.

Es gibt ein Original

Die Magie von Stift und Papier wird ist schon etwas ganz besonderes. Das Original, das so bei der Veranstaltung entsteht kann nicht so einfach kopiert werden. Wer diesen Kunstwerk-Charakter schätzt, ist daher mit analogem Graphic Recording gut beraten.

Interaktion mit den Teilnehmer:innen

Das analoge Bild ist besonders zugänglich und Teinehmer:innen können bei interaktiven Formaten, wenn gewünscht auch Ideen auf Post-its ergänzen oder selbst einzelne Wörter oder Icons beisteuern. Dafür braucht es kein besonders Wissen oder Können.

Beispiele aus der Praxis

Analoges Graphic Recording bei der TEDx Klagenfurt
Analoges Graphic Recording für das Rote Kreuz beim 4 Game Changers Festival
Analoges Graphic Recording für wienXtra
Lana Lauren
Autorin: Lana Lauren

Seit mittlerweile mehr als 10 Jahren übersetze ich komplexe Inhalte in Bilder und gestalte Illustrationen, Graphic Recordings und Erklärvideos, die dafür sorgen, dass auch komplexe Themen Interesse und Emotionen wecken, verstanden werden und langfristig in Erinnerung bleiben.

Neugierig? Mehr über mich und meine Arbeit findet Ihr hier